🧾 Die Stufenklage – clever zum Ziel, wenn Informationen fehlen
Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby, Fachanwalt für Erbrecht
⚖️ Warum eine Stufenklage?
Nicht selten weiß jemand, dass er etwas zu fordern hat – aber nicht genau was oder wie viel.
Beispiel:
- Sie wissen, dass Ihr Vater Ihnen zu Lebzeiten ein Erbe vorenthalten hat,
- doch Ihnen fehlen die nötigen Informationen, um einen konkreten Anspruch zu beziffern.
Hier hilft die sogenannte Stufenklage (§ 254 ZPO).
🧩 Was ist eine Stufenklage?
Die Stufenklage ist ein besonderer Klageaufbau im Zivilprozess, der aus mehreren Schritten („Stufen“) besteht:
- Auskunft verlangen (z. B. über Vermögenswerte oder Schenkungen an andere
- ggf. eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit der Auskunft
- Zahlung oder Herausgabe der sich daraus ergebenden Forderung, z.B. Pflichtteil
👉 Vorteil: Sie können alles in einer einzigen Klage geltend machen – das spart Zeit und hemmt die Verjährung auch für die spätere Zahlungsklage.
🧠 Warum nicht zwei getrennte Klagen?
Würden Sie erst auf Auskunft und dann – nach deren Erhalt – auf Zahlung klagen, könnten zwei Probleme auftreten:
- Die Verjährung der Zahlungspflicht läuft weiter.
- Die Zahlungsklage wäre zu Beginn mangels Bestimmtheit unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
➡️ Die Stufenklage vermeidet diese Hürden, indem Sie von Anfang an beides zusammen beantragen – auch wenn der Zahlungsantrag anfangs noch „unbestimmt“ bleibt.
📌 Typische Einsatzbereiche der Stufenklage
- Unterhaltsrecht (z. B. Ehegatten-, Kindesunterhalt)
- Erbrecht (z. B. Pflichtteil, Vermächtnis, Ausgleichspflicht)
- Gesellschaftsrecht (z. B. bei Auseinandersetzungen unter Gesellschaftern)
- Vermögensauseinandersetzung nach Scheidung oder Erbfall
💡 Beispiel aus dem Ich
Ein Kind verlangt von seinem Vater Unterhalt, weiß aber dessen genaues Einkommen nicht.
Es erhebt Stufenklage:
- Auskunft über Einkommen, Vermögen, Belastungen
- eidesstattliche Versicherung, falls Zweifel bestehen
- Zahlung des errechneten Unterhaltsbetrags
⚠️ Prozessuale Besonderheiten
Die Stufenklage ist im Zivilprozess ein Sonderfall mit eigenen Spielregeln:
- Das Gericht darf auch über Anträge entscheiden, die noch nicht gestellt sind – z. B. die Zahlungsstufe.
- Der Kläger kann auf einzelne Stufen verzichten, ohne ausdrücklich zu erklären, dass er den Anspruch fallen lässt.
- Auch das Berufungsgericht kann über eine noch „offene Stufe“ mitentscheiden – obwohl es eigentlich nur über die erste Instanz urteilen sollte.
Deshalb wird die Stufenklage oft als „exotisches Institut“ der Zivilprozessordnung bezeichnet.
📘 Was sagt die Rechtsprechung?
Der Bundesgerichtshof und viele Oberlandesgerichte erkennen an, dass die Stufenklage nicht sauber in das klassische Prozessschema passt, aber dennoch praktisch unverzichtbar ist.
Ein Beispiel:
Das OLG Düsseldorf (FamRZ 1989, 204) hält es für pflichtwidrig, wenn ein Anwalt zuerst nur Auskunftsklage erhebt und dann später Zahlung – statt von Anfang an die Stufenklage einzureichen. Weil er mit zwei Klage mehr Kosten produziert, als wenn er sofort Stufenklage erhoben hätte.
✅ Fazit: Die Stufenklage als strategisches Werkzeug
Die Stufenklage ist ideal, wenn Sie:
- einen Anspruch haben, aber noch keine vollständigen Informationen besitzen,
- gleichzeitig aber die Verjährung stoppen und sich den Weg zum vollen Anspruch offenhalten wollen,
- und die gerichtlichen Verfahrenskosten möglichst gering halten möchten.
👨⚖️ Mein Tipp als Fachanwalt:
Wenn Ihnen Informationen fehlen – z. B. im Pflichtteilsrecht, beim Zugewinnausgleich oder Unterhalt –,
sollten Sie unbedingt die Möglichkeit der Stufenklage prüfen.
Ich helfe Ihnen dabei, präzise, rechtssicher und taktisch klug vorzugehen.
Gerhard Ruby
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Erbrecht
📍 Kanzleien in Radolfzell & Villingen
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